Das Lied von der Tasche

Laudatio zur Vernissage der Ausstellung von Petra Hermann – VBK-Galerie am 04.02.2008
(ein bisschen nach Friedrich Schiller und viel nach Wilhelm Busch)

Prolog (Wilhelm Busch):

„Wie wohl ist dem, der dann und wann

sich etwas Schönes dichten kann.“

„Gedanken sind nicht stets parat,

man schreibt auch, wenn man keine hat.“

 

 

Der Mensch schafft sich sehr viele Sachen,

die seinen Alltag leichter machen.

So muss er täglich sehr sich plagen,

um Dinge hin und her zu tragen.

 

 

Und das gelingt noch mal so gut,

wenn man sie ins Behältnis tut,

das man am Leibe tragen kann –

so hat man alles gleich am Mann.

 

 

Das wussten schon vor vielen Jahren

die damals hier im Lande waren.

Den Faustkeil griffbereit zu halten,

das war der Wunschtraum dieser Alten.

 

 

Da fiel denn einem auch was ein:

so gabs zu ersten Mal Design

und danach haufenweis Ideen,

Denn auch Design bleibt niemals stehen.

Und eine Frage quält enorm:

Was kriegt das Ding für eine Form?

 

 

Ob Lederranzen, Pompadour,

ob Hippiebeutel an der Schnur,

ob Matchsack oder Aktenmappe,

ob mit, ob ohne Deckelklappe,

ob Riemen kurz, ob Riemen lang –

ein jeder Mensch hat sie im Schrank!

 

 

Und nicht nur eine – meistens viele

von diesem und von jenem Stile –

wie Moden wechseln mit der Zeit,

so wechselt sie Gestalt und Kleid.

 

 

Aus der Natur, aus der Chemie,

in alle Farben gibt es sie,

in allen Größen, rund und eckig,

in uni, Streifen oder scheckig.

 

 

Noch höher steigt sie in der Gunst,

ist man sich sicher: Das ist Kunst!

Doch dieser Fall tritt selten ein

und will dann auch bewiesen sein!

Da ist es gut, wenn man erkennt,

dass der, der sich Designer nennt,

mehr kann als am Computer spielen

und auf die große Knete schielen.

 

 

Doch das ist heute hier zu sehen:

Denn auf zwei Beinen ist gut stehen.

Ein Geist und eine Linie eint,

was scheinbar unvereinbar scheint

und sich doch gegenseitig nützt,

weil es sich wechselseitig stützt.

 

 

Was experimentell ergründet,

auf Bildern sich dann wiederfindet,

das inspiriert die Formenwelt,

die Taschenträgern auch gefällt.

 

 

Was dort Email ist, glänzend, kühl,

geformt durch Denken und Gefühl,

ist hier die plastische Figur,

die der Funktion will folgen nur,

aus Filz, aus Plane oder Leder –

und die Verwandtschaft sieht ein jeder.

 

 

Wo geometrische Konturen

sich fügen klar zu Kubaturen,

wo Sparsamkeit die Vielfalt zeugt,

wo das Gefühl sich Strenge beugt,

da findet Kunst sich mit Design

konzeptionell gemeinsam ein.

 

 

Der Weg scheint gut und produktiv,

der Eindruck auf die Nutzer tief,

wir kommen also zu dem Schluss,

dass es so weiter gehen muss.

 

 

Die Ausstellung macht alles rund,

das ist zum Feiern schon ein Grund,

der zweite ist – das Ihrs nur wisst –

weil heute Rosenmontag ist.

 

 

Drum greif ich gerne jetzt zur Tasche,

denn da ist heute ein Flasche!

Die heb ich hoch, der Kunst zu Ehren,

um sie bis auf den Grund zu leeren.

 

„Denn wahrlich! Preis und Dank gebührt

der Kunst, die diese Welt verziert!“

(Wilhelm Busch)

 

Erfurt, 04.02.2008  |  Dr. Jutta Lindemann